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PRAXIS | STADT UND LAND 5.0 STADT UND LAND Wenn einer eine Reise tut, dann kann er viel erleben und möchte dabei viel- leicht auch fotografieren. In diesem Ab- schnitt haben wir für Sie eine Bilder- sammlung nebst Erklärungen zu eini- gen fotogenen Orten wie Venedig, USA und Antarktis zusammengestellt. Die verwendeten Techniken wie die Lang- zeitbelichtung oder das Exposure-Fusi- on-Verfahren kennen Sie bereits und sehen Sie nun im Einsatz. Wie immer ist die wichtigste Zutat aber das Licht. Las- sen Sie sich überraschen, wie magisch Städte und Landschaften im Regen, in der goldenen oder blauen Stunde oder in anderem schmeichelndem Licht aus- sehen können. 375

PRAXIS | STADT UND LAND munity Flickr nützen – die Mitgliedschaft ist kostenlos. Man gibt dazu auf der Flickr-Website einfach einmal Venedig in der englischen Schreibweise Venice in die Suchzeile ein: https://www.flickr.com, Eingabe: Venice Damit erhält man zwar bereits viele, viele Fotos aus Venedig, aber vielleicht nicht unbedingt die besten Fotos der schönsten Locations. Um nun bei den Fotos die als besonders schön bewerteten zu finden, muss man nach der Interestingness sortieren. Das gelingt in Flickr rechts oben über den Menüpunkt, der von Haus aus relevant heißt. Wenn man diesen auf interessant umschaltet, werden die Fotos nach einem geheimen Schlüssel sortiert, der die Anzahl der Aufrufe, der Favs und der Comments erfasst. Noch schneller und be- quemer gelingt die Suche über das alternative Flickr-Frontend Flickriver: http://www.flickriver.com Dort gibt man wieder Venice ein und klickt dann auf Interesting. Wieder werden dann die nach Flickr-Bewer- tung besten Fotos zuerst angezeigt. Zum Wetter ge- ben die einschlägigen Websites Auskunft. Speziell für den Sonnenstand und den Einfallswinkel gibt es aber darüber hinaus noch eine weitere Hilfestellung in der Form der Smartphone-App „The Photographer’s Ephe- meris“. Übersetzt bedeutet der Name „Die Positions- werte der Himmelskörper, für den Fotografen“. Diese leistungsfähige App bietet eine perfekte Unter- stützung auf der Suche nach dem besten Licht. Eine Einführung sowie begleitende Literatur gibt es auf der Website des Herstellers: www.photoephemeris.com. Vor Ort Wir hatten den Kurztrip intensiv vorbereitet und wussten daher auch bereits, dass das Wetter wohl durchwachsen sein würde. Doch der Karneval lässt sich nun einmal nicht verschieben. Am ersten Tag ist für ein paar Stunden die Sonne herausgekommen, und wir konnten im Morgenlicht die Gondeln und die Kos- Abb. 2 | „The Photographer’s Ephemeris“ ist eine leistungsfähi- ge Smartphone-App, die den Sonnenstand und den Einfallswinkel zeigt. Venedig ist wohl einer der fotogensten Orte der Welt und legt zur Zeit des Karnevals sogar nochmals zu. Man kann eine Fotoreise dorthin nur empfehlen. Wer Angst vor zu viel Tourismus hat, wird als Übernach- tungsgast auf der Hauptinsel positiv überrascht wer- den. Die dichten Ströme der Tagestouristen, die durch die Innenstadt ziehen, sind abends und nachts fast komplett verschwunden. Aber selbst bei Tage kon- zentrieren sich die Massen auf wenige Punkte wie den Markusplatz und die Rialtobrücke. Die Planung Wenn Sie im Rahmen der Reiseplanung die fotoge- nen Punkte suchen, kann die weltgrößte Foto-Com- 378

PRAXIS | STADT UND LAND Abb. 3 | Maskierter Venedigbesucher. Canon EOS 500D (APS-C-Format) | EF 24–105 f/4.0 | Brennweite 105 mm | Blende 4 | ISO 100 | 1/2.000 Sekunde | Av-Modus mit –0,33 EV EC. tüme einfangen. Wer die Wahl hat, zieht in der Morgen- dämmerung los und fotografiert dann in der blauen Stunde vor Sonnenaufgang und in der goldenen Stun- de danach. Mittags ist dann Zeit zum Essen und Ausru- hen. Die nächste Phase am Tag mit besonders vorteil- haftem Licht ist gegen Abend, in der goldenen Stunde vor Sonnenuntergang und in der blauen Stunde da- nach. Vorsicht aber: Diese „Stunden“ dauern oft nur rund 30 Minuten. Wer sie nutzen möchte, sollte sich bereits einige Zeit zuvor am Zielort einfinden. Die nächsten zwei Tage waren dann durchgehend bewölkt und von Nieselregen durchzogen. Das ist zwar fürs Fotografieren im Freien unschön, bietet aber auch Gelegenheit, die Museen, den Dogenpalast, die Kirchen oder das Hotel Danieli aus dem Film „The Tou- rist“ zu besuchen. Auch für Nachtaufnahmen ist das Wetter nicht gar so relevant, da die Stimmung dann von den künstlichen Lichtern bestimmt wird. 379

PRAXIS | STADT UND LAND Die Bearbeitung zu Hause Die Venedig-Bilder waren zum großen Teil in Raw, mit auto- matischem Weißabgleich auf- genommen. So war es schon bei der Raw-Konvertierung ein- fach und elegant möglich, die Belichtung und den Weißab- gleich zu korrigieren und den Kontrast etwas anzuheben. Bei der Langzeitbelichtung der Gondeln ist noch hinzugekom- men, dass das preiswerte Schweißglas einen Grünstich verursacht hat. Dieser ließ sich aber im Raw-Konverter über ei- nen manuellen Weißabgleich einfach und schnell beseitigen. Abb. 6 | Chiesa di Santa Maria Assunta detta I Gesuiti am Campo dei Gesuiti. Canon EOS 500D (APS-C-Format) | Sigma 10–20 f/4.0–5.6 | Brennweite 20 mm | Blende 10 | ISO 100 | 1/125 Sekunde | P-Modus mit –1 EV EC. Eine besondere Bearbeitung hat das nächtliche Bild des Canale Grande erfahren: Hier wurde aus der einzelnen Raw- Aufnahme durch mehrfache Ausbelichtung eine synthe- tische Belichtungsreihe erstellt, aus der im Anschluss eine Belichtungsfusion gerechnet wurde. Der Nutzen ist ein scheinbar höherer Dynamikumfang sowie ein schonenderer Umgang mit den Lichtern. Das Ergeb- nis wirkt knackiger und detailreicher. Zum Hinter- grund siehe Teil 1, Abschnitt 5.5.: Exposure Fusion. Tipps & Tricks Auch in der Praxis muss man immer wieder einmal mit den Lichtwerten rechnen: Bei der Langzeitbelich- tung mit Schweißglas war aus Tests bereits bekannt, dass die Dämpfung rund 11 Lichtwerte beträgt. Vor Ort in Venedig zeigte dann ein erstes Foto ohne Filter eine gute Belichtung bei Blende 8, 1/500 Sekunde, ISO 100. Mit diesen Daten muss man dann nur noch 11 Schritte in der Zeitreihe gehen und landet dieserart bei 4 Sekunden. Für die Nachtaufnahme und die Langzeitbelichtung haben wir ein Stativ verwendet. Mit der Kamera auf dem Stativ kann man bequem und sicher manuell im eingezoomten Liveview-Modus fokussieren. Wenn die Kamera die Liveview-Betriebsart Exposure Simulation beherrscht, kann man so auch die Belichtung einstel- len – what you see is what you get sozusagen. Vorsicht aber: Eine Kamera im Liveview-Modus verbraucht ähn- lich viel Energie wie eine Kamera mit elektronischem Sucher. Man sollte daher beim Nachtspaziergang im- mer einen Ersatzakku in der Tasche haben. Und wenn man Fotos von einer Brücke aus macht, kön- nen diese sogar mit Stativ verwackeln. Die Rialtobrücke schwingt erstaunlich stark, obwohl sie aus Stein gebaut ist. Wenn man das rechtzeitig merkt, kann man mit vie- len, vielen Bildern oder mit einer kürzeren Belichtungs- zeit (einem höheren ISO-Wert) gegensteuern. 381

PRAXIS | STADT UND LAND Vor Ort Unser erstes Ziel waren die hübschen viktorianischen Häuschen am Alamo Squa- re, die Painted Ladies. Ge- genüber den Häusern be- findet sich ein kleiner Park auf einem Hügel, von wel- chem aus man den Stand- punkt und die Perspektive großzügig wählen kann. Es hilft, frühzeitig vor Ort zu sein und ein paar Probe- aufnahmen zu machen. Der perfekte Zeitpunkt, an welchem der Himmel noch spannend blau ist, aber die Lichter in den Häuschen im Vordergrund und den Hochhäusern hin- ten bereits leuchten, ist er- staunlich kurz. Für das endgültige Foto hatten wir das Glück, in der Langzeitbelichtung nicht nur die Licht- spuren einiger Autos, sondern auch ein verliebtes Pär- chen im Vordergrund einfangen zu können. Die zwei haben sich in den dreizehn Sekunden tatsächlich kaum bewegt. :-) Die nächsten Ausflüge gingen nach China Town, nach Crissie Field und zur Golden Gate Bridge. Gene- rell ermöglicht hier ein Stativ Langzeitbelichtungen und sauberere Aufnahmen, aber man kann manch- mal auch ohne auskommen. In China Town stand da- für die Kamera auf ISO 1600. Im Anschluss an die Golden Gate Bridge sehen Sie, sozusagen als Daumenkino, die Burger-Zubereitung im Super Duper Burger in der Chestnut Street 2201 (empfehlenswert!). Gutes Essen ist fast immer foto- gen, aber man muss schauen, dass man einen Sitz- platz mit Einblick in die Küche bekommt und man sollte auch fragen, ob man fotografieren darf. Weiter- hin ist Blitzlicht im Restaurant nicht gerne gesehen. Abb. 9 | Zwischen diesem Foto im eher langweiligen Licht und dem Aufhänger liegen gerade einmal 50 Minuten. Man sieht, dass es wichtig ist, immer den Sonnenstand im Auge zu haben und frühzeitig vor Ort zu sein. Neben den Nationalparks sind wohl die schönsten Ziele in den USA die Ostküste mit New York, Washing- ton und Boston und die Westküste mit Los Angeles und San Francisco. Besonders San Francisco ist für Fo- tografen ein Traum, denn es bietet Motive im Über- fluss. Die Golden Gate Bridge, die verschlungenen, steilen Straßen, die Cable Cars, Alcatraz, die Robben vor Fisherman's Wharf, die Painted Ladies – eigentlich ist die ganze Stadt fotogen. Wir haben von der Reise die Bilder zweier abendlicher Ausflüge in der Zeit rund um die blaue Stunde mitgebracht. Die Planung Bei der Planung der Reise zu Hause helfen wieder Flickriver sowie die einschlägigen Reiseführer und die Websites zum Zielort. Hilfreich ist, bei den Vorberei- tungen zumindest grob die Zeit des Sonnenunter- gangs am Zielort im Kopf zu haben. Weiterhin sollte man schon einmal ansatzweise auch die Entfernun- gen zwischen den anvisierten Punkten sowie die ver- fügbaren Verkehrsmittel in Erfahrung bringen. 386

PRAXIS | STADT UND LAND Abb. 12 | Golden Gate Bridge, von der Stadtseite aus gesehen. Canon EOS 5D Mark III auf Stativ | EF 24–70 f/2.8 | Brennweite 30 mm | Blende 13 | ISO 400 | 10 Sekunden | M-Modus. Die Bearbeitung zu Hause Die anschließende Bearbeitung in Lightroom und Photoshop birgt bei diesen Fotos wenig Neues. Das Fotografieren in der blauen Stunde bewirkt bereits, dass die Farben spannend sind und der Helligkeitsun- terschied zwischen Motiv und Himmel gering ausfällt. Das letzte Foto hat allerdings noch eine Schwarz- Weiß-Umwandlung mit dem kostenlosen Plug-in Google Nik Silver Efex erfahren. Der Grund ist, dass wir das Foto bei der Foto-Community der italienischen VOGUE unterbringen wollten und die Juroren dort häufig Schwarzweißbilder vorziehen (Website: http:// www.vogue.it/en/photovogue). Bei diesem Foto mit den prägnanten und erstaunlich symmetrischen Lini- en und dem starken Kontrast war eine Schwarz- Weiß-Umwandlung aber auch naheliegend und hat darüber hinaus auch den etwas schmutzigen Farb- stich der Kunstlichter beseitigt. Tipps & Tricks Wie sieht denn die optimale Kameratasche für solche Ausflüge aus? Idealerweise schon einmal nicht nach Kamera, sondern eher nach Tagesrucksack, um keine Begehrlichkeiten zu wecken. Einige der beschriebe- nen Gegenden sind abends nicht ganz ungefährlich. Praktisch sind beispielsweise die Produkte der 388

PRAXIS | STADT UND LAND Slingshot-Reihe von Lowepro, welche die schnelle Entnahme der Kamera erlauben, ohne den Rucksack abzu nehmen. ein Fürs Vollformat wird dann im Rucksack häufig Stan- dard-Zoom mit 24–70 mm Platz finden sowie vielleicht ein leichtes Weitwinkelzoom 17– 40 und eine kleine, leichte Festbrennwei- te 50 f/1,8. Mit Letzte- rer kann man dann auch einmal ein Port- rät aufnehmen und abends noch länger aus der Hand fotogra- fieren. kleiner, leichter, schwenkbarer TTL-Blitz wie der Nissin i40 ergänzt die Ausrüs- tung um künstliches Licht. Dann fehlen nur noch Akkus, Speicher- medien, eine Display- lupe und ein Reini- gungstuch. Lange Zooms wie ein 70–200 oder gar ein 28–300 bieten zwar neue Blickwinkel und Pers- pektiven, machen sich aber leider auch auf dem Rü- cken mit mehreren Kilo Gewicht bemerkbar. Für Safa- ris und am Polarkreis (siehe Abschnitt 5.4) sind sie wohl unverzichtbar, aber für Städtereisen kommt man häufig auch ohne sie aus. Ein Abb. 13 | Am Abend gibt es im Super Duper Burger die Belohnung für die gewanderten Kilometer. Canon EOS 5D Mark III | EF 24–70 f/2.8 | Brennweite 70 mm | Blende 2,8 | ISO 3200 | 1/50 Sekunde | P-Modus mit –0,67 EV EC. rounder am Crop-Format sind die sogenannten Su- perzooms 18–270 oder auch 16–300, die Tamron vor einigen Jahren als erster Hersteller auf den Markt ge- bracht hat (andere haben mittlerweile nachgezogen). Diese Optiken sind relativ preiswert, in der Bildqualität gar nicht so schlecht und in der Flexibilität kaum zu schlagen. Häufig sind sie sogar bildstabilisiert. Wieder kann man dann die Ausrüstung noch um ein weit- winkliges und ein lichtstarkes Objektiv ergänzen. Beim Weitwinkel landet man bei Crop-Format viel- leicht bei 10–20 mm, und als lichtstarke Festbrenn- weite taugt auch am Crop-Format ein 50 f/1,8. 389 Wem das alles zu schwer und zu teuer ist, der verwen- det einfach eine Systemkamera im Crop-Format wie APS-C, DX oder 4/3. Die Objektive fallen dann ein gu- tes Stück kleiner und leichter aus. Interessante All-

PRAXIS | STADT UND LAND Abb. 16 | Die Skyline, hier in der goldenen statt der blauen Stunde, macht sich immer gut! Canon EOS 5D Mark II auf GorillaPod auf einer Mauer | Tamron 17–35 mm f/2.8 | Brennweite 17 mm | Blende 5 | ISO 100 | 1/60 Sekunde | M-Modus. In New York City werden jeden Tag an 50 Orten gleichzeitig Filmaufnahmen gemacht. Die Stadt ist sozusagen nicht nur fotogen, sondern einfach ein einziges großes Filmstudio. Wer gerne fotografiert, für den ist ein Besuch Pflicht, und wer früh bucht und sich mit einem der zwei preiswerten Pod-Hotels zu- friedengibt, der ist auch mit überschaubarem finanzi- ellem Aufwand dabei. 394

PRAXIS | STADT UND LAND Manche Touren wie jene auf das Rockefeller Center kann man auch bereits zu Hause buchen und muss dann vor Ort nicht so lange anstehen. Aufgrund der Anschläge am 11. September 2001 sind die Amerikaner sehr vorsichtig geworden und lassen daher an vielen Hotspots keine Stative mehr zu oder verbieten sogar das Fotografieren komplett. Auch das sollte man vorher wissen und sich entsprechend vor- bereiten. Sowohl auf dem Rockefeller Center (Sicht auf das Empire-State-Gebäude) als auch auf dem Em- pire State selbst sind Stative verboten. Man nimmt am besten ein GorillaPod-Ministativ mit, das man dann auf eine Brüstung stellen oder auch an senk- Abb. 18 | An einem regnerischen Tag bietet sich der Besuch der Grand Central Station an. Die Langzeitbelichtung für das wuselige Treiben gelingt von einer der Brüstungen auch ohne Stativ. Canon EOS 5D Mark III | EF 24–70 f/2.8 | Brennweite 24 mm | Blende 5,6 | ISO 160 | 1,3 Sekunden | Av-Modus. 397

PRAXIS | STADT UND LAND rechten Flächen mit der Hand anpressen kann. In der Grand Central Station verhält es sich genauso, aber wieder findet man ausreichend Geländer, Balkone und Treppen, auf denen man die Kamera platzieren kann. Wer zum ersten Mal in New York ist, wird sich die aller- meiste Zeit in Manhattan Downtown aufhalten und dort zuerst einmal das Pflichtprogramm abarbeiten: Die Museen, 5th Avenue, St. Patrick‘s Cathedral, Wall Street, Rockefeller Center, Apple Store, Broadway, Times Square, China Town, Little Italy usw. usf. bieten Motive für mehrere Wochen. Wer dann aber nochmal kommt (und nochmal und nochmal), der fährt viel- leicht auch einmal in die Bronx, nach Brooklyn, mit der Seilbahn nach Roosevelt Island oder mit der S-Bahn zum Vergnügungspark und Badestrand Coney Island. Coney Island ist fast schon ein Garant für einen schö- nen chilligen Strandtag sowie für tolle Motive wie Nathan’s Delicatessen am Anfang des Buches. Vorsicht ist bei der Planung hinsichtlich der Zeiten ge- boten. Man unterschätzt leicht, wie lange der Fuß- marsch über die Brooklyn Bridge oder die Fahrt nach Coney Island dauert – die Wege sind lang und die U-Bahn-Stationen liegen weit auseinander. 400

PRAXIS | STADT UND LAND Abb. 20 (links & rechts) | Nächtliche Bokeh-Effekte am Times Square – so ein Bummel mit lichtstarkem Glas macht einfach Spaß! Canon EOS 5D Mark II | EF 85 f/1.8 | Blende 2 | ISO 125 | 1/200 Sekunde | M-Modus. Vor Ort Auf Manhattan angekommen, nutzt man als Verkehrs- mittel die U-Bahn (preiswert, schnell), das Taxi (teurer, bequemer), die Füße oder die Schiffe wie die kostenlo- se Staten-Island-Fähre. Auch zu empfehlen ist die Circle Line Boat Tour, die einmal komplett um die Insel führt. Wer es sich leisten kann, wagt vielleicht auch eine Foto- tour per Heli-Rundflug mit New York Helicopter oder Liberty Helicopters, die beide von einem Pier am südöstlichen Ende von Manhattan aus starten. Und dann gibt es auch noch die Bustouren zu den bekannten Filmschauplätzen (Spiderman, Leon, der Pate, Mondsüchtig ...), zu den Serienschauplätzen (Fri- ends ...) sowie die bekannten Hop-on-Hop-off-Busse. Wer dann noch Energie übrig hat, leiht sich am südli- chen Ende des Central Park ein Fahrrad und besich- tigt den Columbus Circle, Lennons Strawberry Fields und den Conservatory Garden am nördlichen Ende des Parks. Für die Fototasche sind ein Weitwinkel-Zoom und ein Standard-Zoom eine gute Idee. Für abendliche Aus- flüge lohnt sich zusätzlich eine lichtstarke Festbrenn- weite, um zum Beispiel in der Gegend rund um den Times Square wunderbare Bokeh-Effekte einzufangen. 401

PRAXIS | STADT UND LAND Die Bearbeitung zu Hause Die gezeigten Bilder kommen bereits gut aus der Kamera, denn die Tageszeit und damit das Licht waren sorgfältig gewählt. Nur bei zwei Fotos war die Bearbeitung ein wenig aufwändi- ger. Das erwähnte Foto von Nathan’s Delicates- sen am Anfang des Buches ist ein Panorama aus sieben Hochkant-Aufnahmen. Anders war die Perspektive mit dem verwendeten 24–70 nicht möglich. Das abendliche Bild vom Rocke- feller Center auf das Empire State Building ist wiederum mit einem synthetischen Bokeh-Ef- fekt versehen, um die Wirkung eines Tilt- Shift-Objektivs nachzuempfinden. Der verwen- dete Filter heißt Bokeh2 und findet sich in der Filtersammlung Exposure von der Firma Alien Skin Software, erhältlich für Photoshop und Lightroom. Tipps & Tricks Wer als Fotograf Manhattan besucht, sollte auch einen Nachmittag für den riesigen B&H Photo Video Store einplanen. Ich verspreche, es lohnt sich. Es ist wahrscheinlich der einzige Fo- toladen der Welt, der alle Nikon-, alle Canon- und alle Sony-Objektive testbereit vorrätig hält. Das Geschäft befindet sich in der Nähe des nördlichen Zugangs des Highline-Parks. Vor- sicht aber, denn ein Besuch bei B&H kann ganz schön ins Geld gehen. Kostenfrei ist dagegen das interessante B&H-Video-Tutorial-Angebot auf YouTube. Der Kanal heißt schlicht B and H. New York ist nicht nur fotogen, sondern auch Heimat vieler guter Fotografen. Ein Besuch kann eine Gelegenheit sein, einmal bei Neil van Niekerk, Ryan Brenizer, Lindsey Adler oder Peter Hurley ein Coaching zu buchen. So ein Vorha- ben sollte man dann aber länger im Voraus pla- nen und auch mit einer Ausgabe von mindes- tens 500 $ für einen halben Tag Einzel-Coaching rechnen. 402

PRAXIS | STADT UND LAND Abb. 24 | Die MS BREMEN im Einsatz. Dieses Schiff der Hapag-Lloyd- Cruises-Flotte hat die höchste bei Passagierschiffen verfügbare Eisklasse. Canon EOS 5D Mark III | EF 70–200 f/2.8 mit 2x-Tele- konverter | Brennweite 400 mm | Blende 5,6 | ISO 400 | 1/1000 Sekunde | Av-Modus. Bilder: Mario Dirks, www.mario-dirks.de Die Bilder in diesem Kapitel hat mein Freund Mario Dirks freundlicherweise zum Buch beigesteuert. Mario hat an der nur alle vier Jahre stattfindenden Antark- tis-Halbumrundung teilgenommen und davon wun- derschöne Bilder von Kaiser- und Königspinguinen, Walen, Robben und Eisbergen mit nach Hause ge- bracht. Das Schiff, das die Hapag-Lloyd-Cruises-Flotte für diese Reise einsetzt, ist die MS BREMEN, die die höchste Eisklasse für Passagierschiffe hat. Nur so lassen sich Pinguinkolonien, Walschulen und geschichtsträch- tige Orte vom Schiff aus im Schlauchboot erreichen. Wer sich einmal über Details dieser besonderen Reise informieren möchte, dem seien die Reiseübersicht und das Blog von Hapag-Lloyd Cruises ans Herz gelegt: http://www.hl-cruises.de/reise-finden/BRE1702 http://tiny.cc/21mimy Das Equipment Wer die rund 15.000 € für die Anreise und den Platz auf der MS BREMEN aufbringt, möchte wohl auch si- chergehen, dass die Fotoausrüstung nicht im fal- schen Moment versagt. Entsprechend hat Mario eine zuverlässige 5D Mark III und als Zweitkamera und zur Reserve eine 6D mitgenommen. Das Zweiergespann hat sich als gute Wahl erwiesen. Es wäre keine gute Idee gewesen, bei den Witterungsverhältnissen am Polarkreis im Freien die Objektive zu wechseln. So wurde die 5D Mk III mit einem Telezoom 70–200 be- stückt (zeitweise mit Telekonverter) und die 6D mit einem Weitwinkelzoom 16–35 oder 24–105. Die Ob- jektive waren sowohl zum Schutz als auch für schöne- re Farben mit Polfiltern versehen. Ein weiterer Vorteil dieser Filter war, dass man damit auch durch das Was- ser fotografieren und so Aufnahmen von Buckelwa- len und Orcas unter der spiegelnden Wasseroberflä- che einfangen kann. 408

PRAXIS | STADT UND LAND Zwei weitere wichtige Aus- rüstungsgegenstände wa- ren eine Rolle Gefrierbeu- tel und eine Packung Ring- gummis. Bei den Schlauch- bootfahrten kann man nicht verhindern, dass ab und zu Salzwasser ins Boot spritzt. Wenn dann die Ausrüstung ge- schützt ist, nimmt die Elek- tronik früher oder später Schaden. Die weitere Aus- rüstungsliste ist dann wie- derum eher Standard und umfasst weitere Filter, ein Stativ, eine Displaylupe, ein Notebook, Speichermedi- en, portable Festplatten, Akkus und Ladegeräte. nicht Abb. 29 | Die Entwicklung der Fotos in Lightroom: Der veränderte Weißabgleich und die angehobene Klarheit und Dynamik lassen das Foto kühler und knackiger erscheinen. Vor Ort Auf der Reise mit der MS BREMEN haben die Passagie- re viel Zeit an Deck verbracht und über die Reling das Wasser und die Eisschollen nach Königs- und Kaiser- pinguinen, Walen, Seelöwen und Seerobben abge- sucht. Wenn ein Tier gesichtet wurde, wurden die Zo- diacs genannten Schlauchboote zu Wasser gelassen, um noch näher an die Tiere heranzukommen. Auf dem Foto mit der Eisscholle erkennt man eine Gruppe Kaiserpinguine, die größte und schönste Pinguinart. Die Tiere werden bis zu 130 Zentimeter groß und wiegen dann bis zu knapp 40 Kilogramm. Da sie zur Brutzeit rund 200 Kilometer über das gefro- rene Meer landeinwärts zu den Brutstätten wandern und dann kaum mehr erreichbar sind, muss man gro- ßes Glück haben, eine so große Gruppe zu sehen. Auf der Expedition vier Jahre zuvor wurde nur ein einziger Kaiserpinguin gesichtet. Die bunten, kleineren Pin- guine sind die häufiger vorkommenden Königs- pinguine. Man konnte sie an Land beobachten, wurde aber er- mahnt, einen Mindestabstand einzuhalten. Tatsäch- lich hatten die Pinguine aber überhaupt keine Angst vor den Menschen. Sie sind von sich aus sehr nah zur Gruppe gekommen und haben neugierig die Kame- ras und die Ausrüstung begutachtet. Die Bearbeitung zu Hause Sämtliche Bilder wurden im Raw-Format aufgenom- men, und für die Entwicklung kam dann zu Hause Lightroom zum Einsatz. Im Screenshot sehen Sie ein Beispiel einer Bearbeitung und erkennen, wie die Ver- änderung des Weißabgleichs und der Helligkeits- und Kontrastregler den knackigeren, kühleren Look ent- stehen lässt. Für eine zusammenhängende Bildserie reicht es aus, die Korrekturen nur für das erste Bild vorzunehmen. Die folgenden Bilder der Serie kann man dann in Lightroom leicht auf diese Einstellung synchronisieren. 411