5. MULTISHOT-VERFAHREN 5.3 FOCUS STACKING Focus Stacking ist ein weiteres Multishot-Verfahren, das besonders im Nahbereich hilft, die Schärfentiefe nahezu beliebig zu vergrößern. Aber je nach Motiv ist einiges zu beachten. So muss sich der Fotograf zwi- schen Fokus- oder Abstandsvariation entscheiden, die passenden Aufnahmeparameter einstellen, die Schrittweite bestimmen und auch eine leistungsfähi- ge Software wählen. Grundlagen Beim Focus Stacking nimmt man eine Bildserie mit wandernder Schärfeebene auf, aus der im Anschluss ein Algorithmus ein durchgehend scharfes Bild errech- net. Die wandernde Schärfe lässt sich auf zwei Arten erzeugen, die jeweils Vor- und Nachteile aufweisen. Zum einen kann man den Abstand der Kamera zur Sze- ne variieren, indem man die Kamera auf einem Makro- Einstellschlitten verfährt. Zum anderen kann man am Objektiv den Fokus verändern. In der Tabelle sehen Sie eine Gegenüberstellung der zwei Verfahren. Das Stacking per Einstellschlitten wird häufiger ange- wandt als die Variation des Fokus, da die feinfühlige Verstellung am Schlitten einfacher ist. Auch für auto- matisierte Varianten bietet dieses Verfahren Vorteile: Es ist einfacher, die komplette Kamera exakt auf einem motorisierten Schlitten zu verfahren, als ebenso exakt den Fokus des Objektivs zu verändern. Bei komplexen Szenen kann das Stacking per Schlitten allerdings scheitern, da die von Bild zu Bild veränderte Perspekti- ve die Fusion der Bilder wesentlich erschwert. Beide Verfahren setzen auf eine Reihe von Schritten in konstantem Abstand. Diese Schrittweite kann man entweder nach Augenmaß bestimmen oder aber auch, bei hohen Anforderungen, exakt berechnen. Im Makrobereich, bei großen Abbildungsmaßstäben V, gilt für die Schärfentiefe Δd in guter Näherung: Δd ≈ 2kZ V + 1 V2 (5.3) 194 Hierin ist: Δd: Schärfentiefe, k: Blendenzahl, Z: erlaub- ter maximaler Zerstreuungskreisdurchmesser, häufig als 1/1500 · Sensordiagonale angenommen; V: Abbil- dungsmaßstab (mit V = B/G = b/g = f/(g–f)). Als Ge- genstandsweite g wählt man zur Sicherheit die Ent- fernung bis zum nächsten Punkt am Motiv bzw. bis zum Anfang des aufzunehmenden Tiefenbereichs. Für einen Abbildungsmaß V >> 1 kann man noch weiter vereinfachen: Δd ≈ 2kZ V (5.4) Für die optimale Schrittweite beim Focus Stacking wählt man die Schärfentiefe abzgl. rund 30 %: Step = 0,7 · Δd (5.5) Beispiel 44: Sie verwenden folgende Aufnahmeein- stellungen im Makrobereich: V = 4, Blende k = 14. Ihre Kamera hat das Format 22,3 mm × 14,9 mm (das ist Canons APS-C-Format). Wie ist die optimale Schrittweite für das Focus Stacking? Lösung: Zuerst benötigt man den maximal er- laubten Zerstreuungskreisdurchmesser Z. Dieser wird als 1/1500 der Sensordiagonale angenom- men. Es ergibt sich: √(22,3² + 14,9²) mm / 1500 = 0,0178 mm. Für die Schrittweite ergibt sich nach Formel 5.3: Step = 0,7 · Δd = 0,7 · 2 ·14 · 0,0178 · [(4+1)/16] mm = 0,109 mm Bei einer Makroschiene mit Skala kann man nun die errechnete Schrittweite direkt einstellen. Ersatzweise legt man neben dem Motiv ein Metermaß in die Sze- ne, das man später im Bild abschneidet oder heraus- retuschiert. Alternativ merkt man sich die Schrittweite für die Schiene oder für den Fokus und entfernt das